Oberer Teil von Whiteboard vor Holzlatten. Daraufgeschrieben drei Zeilen mit Alphabeten, manche Buchstaben durchgestrichen.
Hier wurde gemeinsam mit einheimischen Lehrern an einem Alphabet für Mixtek gearbeitet

In einem Kurs, den ich für SIL*-Mexiko entwickelt und unterrichtet habe, werden die Sprecher von Minderheiten­sprachen angeleitet, die grammatischen Strukturen ihrer eigenen Sprache zu erforschen und aufzuschreiben.

Dabei legen wir großen Wert darauf, nicht Spanisch (oder irgendeine andere Sprache) als Beispiel oder Vorbild zu präsentieren, sondern den Wert und die Einzigartigkeit jeder Sprache herauszustellen. Das ist wichtig, weil viele Indianer in Mexiko ihre Sprachen nicht schätzen. (Manche der Namen, die diesen Sprachen gegeben wurden, sind verächtliche Be­zeichnungen;­ so bedeutet Popoluca beispielsweise „unverständliches Gebrabbel“.)

Am Ende des Kurses berichtet ein dankbarer Teilnehmer: „Dieser Kurs war sehr hilfreich für mich. Ich habe schon öfter Texte für die Regierung in meine Sprache übersetzt. Manchmal wurde mir dann gesagt, das muss ja falsch sein, denn es hat viel mehr Worte als das spanische Original. Ich wusste immer, dass meine Übersetzungen richtig waren, aber ich konnte diesen Vorwurf nie entkräften. Jetzt kann ich erklären, warum meine Sprache mehr Worte braucht, um das Gleiche auszudrücken.“

… und weiterentwickeln!

Sprachprojekte umfassen neben der Erforschung auch die Entwicklung der Sprachen. Worum geht es dabei?

Die meisten Minderheitensprachen in Mexiko existieren nur in mündlicher Form. Deshalb ist es meist ein wichtiger Teil der Spracharbeit, sie zu erforschen. Dazu muss man die Sprache selbst sprechen und verstehen, ihre Laute analysieren, um eine brauchbare Schreibweise zu entwickeln, Daten für ein Wörterbuch sammeln und die grammatischen Strukturen der ­Sprache analysieren und beschreiben.

Ein Unterstand. Links: Gruppe von Menschen. Rechts: aufgehängte, schwarze Folie mit Plastikfächern, darin bunte Papierhefte.
Hängender Bücherstand am Markt
mit Büchlein auf Mixtek

Bei der Sprachentwicklung geht es dann darum, den Gebrauch der Sprache zu fördern. Dabei geht es nicht in erster Linie um die Anzahl der Personen, die sie sprechen. Sprachen werden schwächer (und irgendwann vom Aussterben bedroht), in je weniger Kontexten sie gebraucht werden. Kontexte können verschiedene Umgebungen sein, z.B. wenn man zu Hause und auf der Straße noch die eigene Sprache spricht, aber in der Schule, auf Ämtern und beim Einkaufen nicht mehr. Es können aber auch Medien sein, wenn z.B. die eigene Sprache zwar gesprochen, aber nicht geschrieben wird.

Durch unsere Arbeit gibt es Mixtek inzwischen in zusätzlichen Kontexten: in geschriebener Form, im Jesus-Film und in Handy-­Apps. Das steigert auch das Selbstbewusstsein der Sprecher, ­denen jahrhundertelang gesagt wurde, ihre Sprache tauge „nur zum Reden, aber nicht zum Schreiben“.

– von Marc Schwab 

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* SIL ist eine Partnerorganisation von Wycliff

Minderheiten­sprachen ­erforschen …